




Donnerstag 12.09.2019
Zeit unterwegs von 11:45 bis 16:30 Uhr
Zeit in Fahrt = 3:06 h
Hohe Tatra [SK] → A3 → Snina [SK]
195 Kilometer
Luftwirbel traveling... Karpaten
Reisetagebuch
Karpaten
Montag 16.09.2019
Zeit unterwegs von 10:30 bis 18:45 Uhr
Zeit in Fahrt = 4:01 h
Werchowyna (Верховина) [UA]→ Czernowitz → SuceviÅ£a [RO]
202 Kilometer



Ich habe schlecht, sehr schlecht geschlafen und verbrachte die halbe Nacht mit Durchfall auf dem Klo. Noch immer plagen mich Magen- und Bauchkrämpfe.
Jetzt Frühstücken kommt für mich gar nicht in Frage. Nur schon bei dem Gedanken an Essen wird mir schlecht.
Martin schickt mich zu Oksana.
Diese greift prompt zu einer Flasche mit pechschwarzem Saft und einem Gläschen. Schenkt ein Schluck ein, trinkt es, schüttelt sich.
Sie schenkt das kleine Glas erneut ein, etwa Zweifingerhoch und reicht es mir. Nach dem Frühstück soll ich dann nochmals ein Glas davon trinken.
Vorsichtig nehme ich das Glas mit der schwarzen Flüssigkeit. Es riecht fürchterlich. Da ist auch noch was „festes“ hereingeflutscht, ich betrachte es skeptisch. "Das könne ich essen", versichtert sie mir und so mache ich das Glas in drei grossen Schlücken leer. Boah…. ist das Ekelhaft.
Jetzt ist mir noch mehr übel, und so bleibe ich schön brav am Tisch sitzen, und hoffe innerlich, dass ich nicht erbrechen muss.
Oksana bereitet das Frühstück vor und so nach und nach lässt die Übelkeit tatsächlich nach. Auch der Magen beruhigt sich.
Eine halbe Stunde später esse ich mit den anderen Frühstück, als wäre nichts gewesen. Ich habe richtig Appetit.
Nach dem Essen trinke ich das zweite Gläschen und erneut bleibe ich am Tisch sitzen. Das Zeugs ist abartig grusig. Ich weiss nicht was es ist, und will es auch nicht wissen. Aber es hilft. Ich bin zwar müde (kein Wunder, nach einer schlaflosen Nacht), aber dafür fühle ich mich Gut. Richtig Gut. Martin befürchtet sogar; zu Gut und mahnt zur Geduld. Ich solle mir Zeit nehmen, auch wenn wir heute eigentlich frühzeitig aufbrechen wollten.
Er traut meinem „Zustand“ nicht und möchte deshalb die Strecke via Flachland fahren.
„Aussenrum“ ist eindeutig der schnellere und einfachere Weg. Zudem nicht ganz so „ungewiss“ was den Strassenzustand und somit unser Vorankommen betrifft, argumentiert er.
Ziel ist Rumänien. Doch zuvor „muss“ ich uns durch die Stadt Czernowitz (Чернівці) zum Gorgany navigieren. Wir sollten sparsam mit den Kräften umgehen.
Mit mir irgendwo in den ukrainischen Bergen stecken bleiben, weil es mir wieder schlechter geht, oder ich „müde“ vom Motorrad falle, will er unbedingt vermeiden.

Oksana möchte 20 Euro pro Nase und Nacht. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass wir in einem eigenen kleinen Häuschen wohnten (mit Strom und Wasser). Jeden Morgen ein reichhaltiges Frühstück und Abends mehrgängige Manüs bekamen. Zwischendrin Tee und selbstgemachte Snacks. Die Gastfreundschaft und Fürsorge nicht zu übertreffen. Und auch den gestrigen Kirchenbesuch hätte wir ohne sie nicht erlebt. Es war eine wirklich sehr schöne, wunderschöne Zeit, welche uns für immer in Erinnerung bleibt. Mit Ihr Oksana, die quirlige Huzulin.

Dafür fällt jetzt die Verabschiedung umso schwerer.
Der Strassenzustand wie gewohnt. Mehrheitlich geteert. Mal besser mal schlechter, aber nie wirklich schlimm oder extrem.


50 Kilometer später tut sich vor uns die grosse Ebene auf. Ukrainisches Flachland. Die Hauptverkehrsachse H10, welche direkt nach Czernowitz (Чернівці) führt, ist gut ausgebaut. Erlaubt ist meist 50KM/H. Wir cruisen gemütlich mit 70ig und werden, wie könnte es anders sein, ständig überholt.

Die Dunstglocke vor uns deutet darauf hin, dass wir die Stadt erreichen. Wir können uns hier in Deutschland über Euro-6 beschweren und dass der „neue-alte“ Diesel ohne Umweltplakette nicht in die Städte darf. Unsere Vorschriften mögen übertrieben sein, sind sie auch, dafür haben wir eine wirklich gute Luftqualität in den Städten, wo man sich auch als Fussgänger wohl fühlt.
Ich bin müde. Das gemütliche hinter der DI-DR her fahren ging ganz gut, doch nun liegt noch eine wichtige Aufgabe vor mir: Die Stadtnavigation zum Gorgany. Ich kenne den Weg (theoretisch). Martin verlässt sich auf mich.
In der Stadt fahren wir mehrere Kilometer auf alten und von LWS´s gequälten Pflastersteinen. Das können wir uns hier gar nicht vorstellen.

Zielgenau und ohne verfahren parkiere ich vor dem Gorgany. Das Routenstudium hat sich gelohnt.

Freundliches Personal und eine gesunde Auswahl an Produkten. Wir sind die einzigen Kunden im Laden. Drei Mitarbeiter stehen zu unserer Verfügung.
Und natürlich ist das Interesse an uns gross. Was treibt uns in die Ukraine? Wie gefällt es uns hier? Wohin des Weges? Ah, Karpaten, Rumänien. Da gibt es einen atemberaubenden Canyon.
Für solche Tipps sind wir immer dankbar. Schnell ist unsere Karte vom Motorrad geholt, auf der Theke ausgebreitet und mit einem Stift die Bizac-Schlucht eingekreist.

Wir suchen uns eine passende Isomatte für 2980 UAH (109 Euro) aus. Dass wir uns für ein „Schweizer Qualitätsprodukt“ entschieden, fällt uns erst an der Kasse auf. Lustige Vorstellung, dass wir in die Ukraine fahren, um dort eine Matte von einem Schweizer Hersteller zu kaufen.
Für 13 Euro kaufen wir dazu einen wasserdichten Packsack und Bänder (8,73 Euro) zum festbinden.
Zu unserer Überraschung haben sie GAS-Kartuschen mit Schraubverschluss, genau die, die wir benötigen, im Sortiment. Für 7,11 Euro darf eine 450gr. Kartusche mit uns auf Reise kommen.
Bezahlen können wir nur in Bar. Dazu müssen wir kurz rüber (auf die andere Strassenseite) zur Bank.
Nach dem erfolgreichen Kauf einer Isomatte freut sich Martin gleich noch mehr, als er direkt nebenan einen Metzger erspäht.

Bei mir melden sich die Magenkrämpfe zurück. Mir ist schlecht. Ich setzte mich draussen, an der nicht wirklich frischen Luft hin und warte bis er mit einem breiten Grinsen den Laden verlässt. Er hat zwei grossen Steaks, 2 Trockenwürsten und ein paar Scheiben Braten für 161,80 UAH = 5,90€ gekauft.

Es hilf alles nichts. Wir müssen fahren. Bis zur Grenze sind es nur noch 50 KM.
Doch soweit kommen wir nicht. Ich brauche eine Toilette, dringend. Die nächst beste Tankstelle (bereits ausserhalb der Stadt) kommt wie gerufen.
Tanken müssen wir sowieso. Bleifrei 95 gibt es hier für 28,99UAH (1,06€).
Martin kauft uns auch gleich noch je einen Hotdog und eine Cola aus der Dose.
Nach einem weiteren ausgibigen Klogang fahren wir weiter. Die Pause hat gut getan.

Eine halbe Stunde später erreichen wir die Grenze.