




Donnerstag 12.09.2019
Zeit unterwegs von 11:45 bis 16:30 Uhr
Zeit in Fahrt = 3:06 h
Hohe Tatra [SK] → A3 → Snina [SK]
195 Kilometer
Luftwirbel traveling... Karpaten
Reisetagebuch
Karpaten
Martin kriecht, wie immer, zuerst ins Zelt. Ich will ihm gerade folgen, da nehme ich den Schweinwerfer von einem Fahrzeug wahr, das erst an uns vorbeifährt. wie alle anderen, dann aber anhält und zurücksetzt. Ungefähr auf der Höhe zu „unserer Einfahrt“ geht ein Dachscheinwerfer an und bewegt sich in unsere Richtung. Ohje Ohje, hoffentlich nicht die Polizei, welche uns vielleicht sogar von hier wegschickt. Wir wollen hier nicht mitten in der Nacht unser Zelt abbauen und was anderes suchen müssen.
Es hat ja eh kein Campingplatz (mehr) geöffnet und am Ende vom Lied würden wir sowieso wieder irgendwo im Wald übernachten.
Der Jeep hält vor dem Zelt. Zwei Männer steigen aus. Der Mann vom Beifahrersitz hält ein Gewehr in der Hand.
„Urs“, „Foc“
Ich verstehe nicht. „Foc“ könnte Rauch bedeuten, so aus dem Bauch raus übersetzt. „Urs“ sagt mir hingegen gar nichts.
„Rauch? Wegen des Bären“, frage ich. „Ist es gefährlich hier“?
Die Männer verstehen mich genauso wenig wie ich sie.
„Urs“ wiederholt er und gestikuliert irgendwas.
Der Mann ohne Gewehr zückt sein Smartphone und übersetzt:
„Bär“ (Urs)
„Feuer“ (Foc)
Will der jetzt ernsthaft, dass wir aus dem nassen Holz ein Feuer anzünden? Bei Regen?
Ich schaue ihn unglaubwürdig an: „Ist es sehr gefährlich hier“?
Einer der Männer zeigt auf unser Solar-Leuchte und übersetz: „Licht geht auch. Aussen am Zelt“
Martin hat sich in der Zwischenzeit wieder angezogen und ist ausm Zelt gekrochen.
„Licht. Aussen am Zelt“, wiederholt er.
Unsicher, ob wir ihn richtig verstanden haben, positionieren wir unsere Solar-Laterne an einer der Tarpstange über unserem Zelt. „OK“?
Die Männer scheinen zufrieden zu sein und steigen wieder in den Jeep. Kaum an der Strasse angelangt erlöschen die Dachscheinwerfer und weg sind sie.
Auf die Frage, ob es denn hier jetzt wirklich gefährlich wäre, bekommen wir keine Antwort.
Wir kraxeln zurück ins Zelt und versuchen den nächtlichen Besuch einzuordnen.
Die Männer haben weder nach einem Ausweis noch sonst was gefragt. Deshalb gehen wir davon aus, dass es weder Polizei noch Militär war.
Würden uns Wildhüter, Ranger oder Jäger nachts einen Besuch abstatten, wenn es hier KEINE Bären gäbe? Wohl eher nicht.
Anderseits hätten „die“ uns bestimmt weggeschickt, wenn wir hier sterben könnten, oder?
Wildcampen ist nicht verboten. Wir machen nichts Illegales. Und Leute, die nicht gegen das Gesetz verstossen, kann man eigentlich nicht wegschicken beziehungsweise was verbieten. In dem Fall bleibt „nur“ zu warnen und die abenteuerlustigen Touristen darauf hinzuweisen, dass sie sich im Bärengebiet befinden.
Wenn uns der Bär frisst, können die Ranger sagen, sie hätten uns gewarnt.

Und wie war das mit: „Licht aussem am Zelt“? Wir sind diesbezüglich etwas verwundert. Ich kann mich nicht erinnern, irgendwo schon gelesen zu haben, dass Licht aus einer Laterne gegen Bären hilft.
Was, wenn das Licht gar nicht gegen den Bären helfen soll, sondern lediglich den Rangern dient, um von der Strasse her zu erkennen, ob das Zelt noch steht?
So sitzen wir im Schlafsack und machen uns Gedanken über den Sinn und Zweck unsere Solar-Leuchte, welche als fahles Licht durch die Zeltwand erkennbar ist.
Was, wenn die nicht die ganze Nacht durchhält und „zu früh“ erlischt? Kommt dann der Bär?
Ach Quatsch, warum soll der Bär wegen ein bisschen Licht abgeschreckt sein.
Ich schnapp mir das Smartphone, freies Roaming sei Dank, und beginne zu googlen. Licht – Laterne – Bären. Martin hört aufmerksam zu. Doch ich finde nicht´s, was diese Theorie bestätigt.
Wir „überfliegen“ ein paar Tipps zum Zelten mit Bären und siehe da:
Ein Bär wird sich deinem Lager nicht nähern, weil er dich zum fressen gern hat, sondern deinen Proviant und alles, was potentiell essbar riecht. Das sind im Zweifel nicht nur deine Schokoriegel und Instantsuppen, sondern auch Shampoo und Zahnpasta.
Quelle: https://earnyourbacon.com/deutsch-wie-verhalte-ich-mich-in-barengebieten-das-barmuda-dreieck/
Zahnpasta! Daran haben wir ja mal gar nicht gedacht. Schnell ab in den Koffer mit dem Nessesair. Und auch die Kleider, welche wir zum Kochen trugen, wandern nach draussen.
Am besÂten in einen bärensicheren Foodcontainer und wasserdichten Sack packen und an einem stabilen Ast aufhängen. Gibt´s keine Bäume, wird zum lärmgesicherten Proviantnest geraten: Alles in Säcke zu einem Haufen stapeln und obendrauf Töpfe und Besteck legen. Macht sich ein Bär daran zu schaffen, kippt der Haufen mit Getöse um und schlägt ihn so in die Flucht.
Quelle: https://www.outdoor-magazin.com/wandertipps/baeren-know-how/
So ähnlich sieht unser Plan aus, falls der Bär sich am Motorrad zu schaffen macht.
Und dann? Wie verhalten wir uns, wenn der Bär das Motorrad umkippt und vor uns steht?
Jetzt wird es komplizierter, denn die empfohlenen Tricks bei einer Grizzly- beziehungsweise Schwarzbären Attacke sind genau gegensätzlich.
Greift ein Grizzly an, hinlegen, Hände an Nacken und tot stellen.
Bei Schwarzbären dagegen ist der Trick, sich tot zu stellen, vergeblich. Hier gilt: Mit aller Kraft verteidigen (dafür gäbe es Bären-beziehungsweise Pfeffersprays).
Grizzlys sind keine guten Kletterer. Bei einem Schwarzbären würde sich der Schauplatz allerhöchstes auf den Baum verlagern. und so weiter und so fort.
Eine Regel gibt es, die allgemeingültig ist:
Auf keinen Fall wegrennen (der Bär gewinnt immer!).
Grundsätzlich sollte man aber immer zwischen defensiven und Aggressiven Verhalten unterscheiden und darauf reagieren.


Quelle Bilder
Wir machen das Handy aus und legen uns schlafen. In der Zwischenzeit ist ein starker Wind aufgekommen und das Tarp flattert wild.
Ob unsere Solar-Leute nun gegen den Bären hilft, oder dem Ranger dient.
Auf mich hat sie einen enorm beruhigenden Effekt. Man möge sich an die Kindheit zurück erinnern, als man Angst im Dunkeln hatte und die Eltern das Licht im Flur brennen liessen.
Das Licht im Flur hilft weder gegen böse Männer noch gegen grüne Monster oder Aliens. Aber es hilft. Irgendwie. Und genau das tut unsere Leuchte auch.
Jedesmal wenn ich kurz aufwache reicht die Bestätigung, das Licht brennt noch und ich schlafe sofort wieder ein.
Und ob man es glaubt oder nicht, wir werden wunderbar gut schlafen
Anmerkung:
All die vielen Regeln und Verhaltensweisen existieren in erster Linie nicht zum Schutz des Touristen, sondern zum Schutz der Bären und der Menschen, die in diesen Gebieten leben.
Überall im Wald sind Menschen. Und sie stören den Lebensraum des Bären!
"Der Holzeinschlag hat stark zugenommen, überall erklingt das Geräusch der Motorsäge, die Leute fahren mit Jeeps, Quads, Crossmotorrädern, Mountainbikes und Motorschlitten durch den Wald. Wochenendausflüge mit der ganzen Familie und Picknicken liegen im Trend, außerdem werden viele Waldfrüchte und Pilze gesammelt.
Rumänische Tierschützer beklagen, dass viele Bären durch Fütterung ihre natürliche Scheu vor Menschen verloren hätten und daher immer öfter in gefährlicher Weise deren Nähe suchten.
„A fed bear is a dead bear“, auf Deutsch: ein gefütterter Bär ist ein toter Bär. Ein Bär, der einmal von Menschen Essen erhaschen konnte, wird zurückkehren und auch aggressiv versuchen an dieses zu gelangen. Diese Bären entwickeln sich zu sogenannten Problem- oder sogar Risikobären und werden getötet.
Nähe Borsec [Rumänien]
46°57'40.3"N 25°32'24.4"E




