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Luftwirbel Traveling ... Island

Island-17

Sonntag, 12.09.2021

Zeit unterwegs von 11:00 bis 16:00 Uhr

Island-17

Zeit in Fahrt = 3:14h

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89.4 Kilometer

Askja → (Route 905) → Mödrudalur

07:30 Uhr Tagwach:

«Heilige Scheisse! Martin, kneif mich!». Doch es ändert nichts daran. Draussen liegt Schnee!

Während Martin Kaffee und Rührei zubereitet – zwei Eier haben die gestrige Fahrt nicht überstanden und sind zerbrochen – verschaffe ich mir in der Kälte einen Überblick (gestern Abend war es ja auch schon dunkel, als wir eintrafen) und mache Fotos.

Minus 2 Grad Celsius ist es laut einem der Toyota-Fahrer. Im Tagesverlauf wird sich die Temperatur zwischen 3 bis 5 grad einpendeln.

Es herrscht generelle Aufbruchsstimmung. «Der Sturm» ist schon bei den Eishöhlen. Die Hüttenwartin will bis Mittag die Leute von hier weghaben.

Auch der "Puderzucker" hat sich bis Mittags grösstenteils "verzogen".

Gegen 11 Uhr sind wir abfahrbereit. Auf eine Wanderung zum Kratersee verzichten wir unter diesen Umständen natürlich gern ;-). Leider aber auch auf die erhoffe Mitfahrgelegenheit zu den Eishöhlen.

Wir verlassen die Gegend um Askja und durchfahren einen Abschnitt des Vikursandur. Die mit Bimsstein überzogene Piste führt an bizarren Lavaformationen mit grossen schwarzen Lavabrocken vorbei. Immer wieder durchfahren wir sandige Stellen.

Ich muss Pinkeln. Schon wieder. Mehr als ein Tropfen kommt aber nicht. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ich oft «muss», aber was grad abgeht, ist nicht normal. Martin schaut mich unglaubwürdig an, doch ich kanns nicht ändern. Kaum aufgestiegen, muss ich schon wieder. Und natürlich kommt immer genau dann ein "Auto".

Wir furten zwei kleine Furten, welche noch nicht mal auf der Karte eingezeichnet sind. Keine Ahnung, aber irgendwie tue ich mich grad schon mit den ganz kleinen «Pfützen» schwer.

Über den Jökulsa a Fjöllum führt glücklicherweise eine Brücke. Martin öffnet das Gatter und schliesst es selbstverständlich wieder, nachdem wir auf der anderen Seite des Flusses sind.


Wir befinden uns mitten in einer Aschewüste (Krepputunga). Der wahrscheinlich schönste Abschnitt der Strecke, denn der schwarze Sand ist mit Moos und Gräser bespickt, dazwischen graue Steine. Doch ich kanns nicht geniessen. Ich muss schon wieder Pinkeln. Ein Mini-tropfen, es brennt.

Auch über die Kreppe führt, Gottseidank, eine Brücke. Ab hier ändert sich die Umgebung. Weniger Sand unter den Stollen. Dafür eine echt unangenehme Wellblechpiste. Und auch rundherum ist es irgendwie anders.

Nur das «Wetter» bleibt beständig: Kalt, Nieselregen, Windig. Eine 4x4-Fahrerin berichtet, dass Sie eben von Askia zurückgeschickt wurde, da der Beta-Sturm in 4 Stunden erwartet wird.


Kaum zu glauben, aber es ist tatsächlich so, dass Fahrzeuge die uns heute schon entgegenfuhren (Richtung Askja), bereits wieder von hinten kommen und uns überholen. Wir kommen nicht gut voran. Die Rüttelpiste ist nicht schön zu fahren. Im Gegenteil; Für meine Blase ist sie der Horror.   

Dann stehen wir vor der ersten, befürchteten, sowie ersehnte Furt. Befürchtet, dazu muss ich nix sagen, ersehnt, weil wir, egal wie, da durchmüssen. Zurück nach Askja ist keine Option. Mir geht es von Kilometer zu Kilometer schlechter. Je eher wir die zwei eingezeichneten, zu furtenden Flüsse, hinter uns haben, desto besser. Ich habe nach dem Gletscherfluss Hnjúkskvísl vorgestern echt riesen Respekt. Und da wir hier noch nie waren, können wir nicht einschätzen, wie heftig die Furt wird. Im Roadbook steht lediglich, dass die erste Furt weniger tief und recht schmal ist, im Verhältnis zur zweiten Furt, die dann so in ca. 2 Kilometer auf uns wartet.


Mir geht es inzwischen so schlecht, dass ich noch nicht mal ein Foto der ersten Furt mache. Martin stiefelt rein und erkundet sie zu Fuss. Dann fährt er DI-DR rüber und hilft mir mit der Alp.

Die zweite Furt über die Trihyrniingsa ist tatsächlich breiter (ca.32m) und tiefer (bei Martin Knietief). Zudem hat sie eine deutlich spürbare Strömung. Martin «fährt» beide Motorräder rüber. Ich stabilisiere und stosse am Heck.

Dabei bemerke ich, dass der Kofferträger der Alp auf der linken Seite gebrochen ist. Martin improvisiert eine Reparatur, indem er die Bruchstelle mit einem Spanngurt und Panzer-Tape stabilisiert. Währenddessen nehme ich einige Anpassungen vor: Der schwere Kofferdeckel, auf dem der „Kleiderschrank“ verstaut ist, wird auf die andere Seite gewechselt und auch die 5 Liter Benzin im Kanister kommen in die Alp, um das Gewicht auf der notdürftig reparierten Seite zu reduzieren.  Mehr können wir hier und jetzt nicht machen.

Das weisse Fahrzeug auf dem Foto wollte ernsthaft den Fluss Richtung Askja furten. Zum Glück hat es sich der Fahrer doch anders überlegt und ist zurückgefahren.


Eigentlich wollten wir nach dem Furten unser «Schoko-Croissant» als «Belohnung essen, aber es ist zu kalt und viel zu windig und die Zehen im nassen Stiefel wollen erfrieren. Es liegen noch 28 Kilometer Wellblechpiste vor uns. Bis zur Ringstrasse sind es ca. 55 Kilometer.


Ein tropfen Pipi und weiter geht’s. Da ich schon kurz darauf wieder muss, halte ich zurück. Mindestens 10 Kilometer möchte ich zurücklegen. Aber es klappt nicht. Mittlerweile sind die Schmerzen so gross, dass ich nicht weiss, ob Fahren im stehen oder sitzen besser geht.

Die Wellbelchpiste mit den sandigen Stellen ist fies. Ein drüber fliegen mit 80ig geht wegen den sandigen Löchern nicht. Mit 50ig geht teilweise, braucht aber extreme Konzentration. Ist in meinem Zustand grad nicht wirklich gegeben.

 

Die Huckel-Piste führt ereignislos durch die Mödrudaler Wüste. Es gibt keine Fotos mehr.


Noch 17 Kilometer, 16, 15… Martin fährt mir die Alp mittlerweile auch durch drei kleine Furten, die ich unter normalen Umständen selbst fahren würde. Aber hier und jetzt geht es nicht mehr. Ich nutze dann die Zeit und krümme mich vor Schmerzen. Pinkeln hab ich aufgegeben, es kommt nichts. Aber das Gefühl, ich muss, das bleibt hartnäckig.

 

14 Kilometer, 13, 12… Jede Bewegung schmerzt. Der kalte Wind und der Nieselregen machen es nicht besser. Noch 11, 10…das schaffen wir…. 9.5 Kilometer… Der Wind nimmt spürbar zu… Es geht nicht mehr! Es tut so weh.

Martin setzt mich in den «Windschatten» der DR und kramt Schmerztabletten aus unserem Nessesair.  Zwei 400er Ibus. Dazu einen warmen Kaffee aus der Thermoskanne und der Schoko-Gipfel. Er leert nochmals seine Stiefel und weiter geht’s.

8 Kilometer, 7.5, 7, 6.5…. noch 1 Kilometer und wir erreichen eine Kreuzung. Ab jetzt geht es auf «guter» Piste vorwärts. In 3 Kilometer ist die Mödrudaler Tankstelle mit Camping Möglichkeit.

Eigentlich wollten wir heute nördlich von Myvatn übernachten, aber bis dahin wären es noch 80 Kilometer Asphalt. Das schaff ich definitiv nicht. Inzwischen ist auch die Kälte zu einem Problem geworden.

 

Martin setzt mich ins Kaffee, bestellt mir einen Kamillentee für 450ISK und organisiert den Rest.  Kurze Zeit später setzt er sich mit einer lecker aussehenden, heissen Schokolade zu mir. Er berichtet, dass alle Hütten bereits belegt sind und er daher kurzerhand ein Hotelzimmer für 2.400 ISK gebucht hat. Ich bin unendlich erleichtert, stell mich unter die heisse Dusche und kuschle mich danach ins Bett.

Das ist das beste, was mir jetzt passieren konnte. DANKE mein Schatz.

Er stellt die Stiefel zu trocknen, wäscht unsere Wäsche und kümmert sich um das Provisorium der Alt. Die Möglichkeit, den Kofferträger zu schweissen hat er natürlich nicht, aber kann ihn gut fixieren. Ebenso der abgebrochene Blinker, der nur noch an den Kabeln hängt.


Irgendwann kommt er mit noch einem Tee am Bett vorbei und später gehen wir im Restaurant essen. Meeeeeega lecker :-). Zwei unterschiedliche Suppen, ein Lammfilet vom Hochland und ein Gratin für 1.000 ISK. Phänomenal.

Gute Nacht

Hotel Möðrudalur

Hotelzimmer

=24.500 ISK = 170.32€ = 85.16 €/pro Person

inkl. warm Duschen

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