top of page

Luftwirbel traveling... to Albania

Reisetagebuch Balkantour

Montag, 10 Oktober 2016

 

189 Kilometer:

 

Pejë (RKS)

- Prizeren- Kukës -

Rrëshen (AL)

Ein blick aus dem Fenster: Trüb, grau und demnächst wird es regnen. Eigentliches Ziel: Die Albanischen Berge unsicher machen. Wir wollen die anspruchsvolle Offroad-Strecke nach Theth hoch fahren.

Da der Wetterbericht für die kommenden drei Tage in Nord-Albanien Regen verspricht, müssen wir uns was anderes überlegen, denn aufs Offroad fahren im Nebel und Nass können wir verzichten.

 

Neues Ziel: Süd-Albanien. Der direkte Weg in den Süden, via Prizren - Kukës – Tirana. Kilometerfressen bei Regen.

 

Aber zuerst müssen wir durch Peje. Es ist bereits wieder kurz vor Mittag, bis wir vom Maestros losfahren.

Wir hätten die Stadt irgendwie umfahren, hätten wir gewusst, dass um 12 Uhr das volle Programm Verkehrsüberlastung durch die Stadt Pejë zieht. Für 10 KM benötigen wir 25 Minuten. Mit den beladenen Motorrädern überholen wir nicht, denn die zweispurige Straße ist bereits mit drei Spuren vollgestopft. Die Menschen wissen sich schon zu helfen, warum nicht auch auf der Sperrfläche eine Spur bilden? Ist doch blos ein bisschen weiße Farbe. Ganz nach dem Motto: Nutze die komplette Straße.  

 

Wir brauchen mächtig lang, bis wir in Prizeren auf die Autobahn fahren.

Endlich, freie Fahrt. 15 Km später stehen wir an der Grenze.
Die Ausreiseformalitäten des Kosovos werden übersprungen. Dafür dauert die Einreise am Autobahn-Grenzübergang nach Albanien umso länger.

Jedes einzelne Fahrzeug wird nacheinander in aller gemütsruh kontrolliert.

Einen zweiten Schalter wird nicht geöffnet.

 

Somit verlassen wir nun den Flachkessel Kosovo und befinden uns wieder im Gebirge. Wir sind in Albanien.

 

Kühe auf der Autobahn. Kinder turnen auf den Mittelleitplanken. Immer mal wieder einzelne Fussgänger, welche an der Autobahn spazieren, oder einfach nur da stehen und warten. Ja, sogar ganze Familien, die auf der rechten Spur aus einem Auto aussteigen. Ganz einfach Warnblinker setzten und anhalten. Leute ein- bzw. ausladen und weiterfahren.

 

Der Regen wird stärker, ich will meinen Tankrucksack mit der Plastikhaube schützen und mich besser „einpacken“. Eine Tankstellenabfahrt…hier! Lichthupi und Blinkzeichen zum Martin, welcher vorne fährt….doch er düst einfach dran vorbei und hält dafür 500m weiter vorne unter einer Brücke auf dem Pannenstreifen.

„Geht’s noch?“, schnauze ich ihn an „ das ist sau gefährlich, einfach auf der Autobahn anzuhalten“. Verwundert guck er mich an, dies scheint hier doch „üblich“ zu sein.

Und ja, er hat ja recht.

Direkt hinter uns hält ein kleiner Transporter. Leute steigen aus, der Transporter fährt wieder weiter. Kurz darauf verlässt ein PKW die Autobahn direkt beim Brückenpfeiler. Tatsächlich, da führt ein „Weg“ zu einem Haus.

 

Nun wundern wir uns nicht mehr darüber, dass direkt an der Autobahn (aber so wirklich direkt daneben) Häuser stehen. Ist nämlich praktisch. Wenn die Leitplanke ersteinmal weg ist, hat man den persönlichen Autobahnzubringer direkt vor der Haustür.

 

Das Lärmschutz Problem scheint hier noch niemanden zu stören, denn diese vierspurige A1, welche erst 2010/13 fertiggestellt wurde, ist von viel zu grosser Bedeutung.

Sie dient als Hauptverkehrsachse welche die wirtschaftlichen Zentren Albaniens Durrës und Tirana mit dem Kosovo verbindet.

 

Albanien ist seit 2014 offizieller Beitrittskandidat der EU. Und irgendwie bekommen wir auch den Eindruck, dass viel unternommen wird, EU-Konform zu wirken. Z.B. der Bau dieser Autobahn, mit Nothalte- und Pannenbuchten. Eigentlich wunderbar… dafür umso sonderbarer, dass auf diesen Nothaltebuchten Gemüsestände stehen. Früchte, Gemüse und sogar gegrillten Maiskolben für den kleinen Hunger kann man eigentlich überall kaufen.


 

Bei Kukës verlassen wir die Autobahn, um Geld zu wechseln. Ich warte bei den Motorrädern, während Martin 100 Euro in 13420 LEK verwandelt. Eigentlich müsste ich noch pinkeln und ein Kaffee wäre auch nicht schlecht, doch die Stadt ist mir irgendwie unsympathisch. Ich kann‘s nicht erklären, ein Bauchgefühl eben. So fahren wir trotz voller Blase weiter.

Ausserhalb der Stadt, bevor wir wieder auf die Autobahn fahren entdecken wir ein Restaurant und halten.

Mit unseren triefend nassen Kleidern machen wir es uns auf der Terrasse gemütlich und geniessen für 300 LEK (2 Euro) zwei doppelte Espressos.

Es ist schon wieder 16 Uhr, und wir wollen noch ein paar KM dem Süden näher rücken.


 

Weiter führt die Autobahn mitten durch das nordalbanische Gebirge. Prächtig, wie diese Autobahn zwischen den Bergen durchgeht, und ist super gäch zum fahren.

Ich versuche mir grad vorzustellen, wie hier die Kulisse bei tollem Wetter sein muss. Bestimmt noch eindrücklicher und genauso lohnenswert zu fahren.

Doch heute herrscht das volle Programm „Weltuntergangsstimmung“. Es schüttet immer wie mehr. Blitz und Donner durchziehen die Bergwelt.

Die LKW's lässt das völlig kalt, röhren Vollgas und überholen sogar noch PKW's und die „einzigen“ Motorradfahrer, die bei diesem Sturm versuchen die Spur zu halten.


 

Von Kukës 349müA (Meter über Adria) steigt die vierspurige Autobahn auf 900müA an und führt in den längensten Straßentunnel Albaniens, den 5650 Meter langen Kalimash-Tunnel.


 

Auch auf der Südseite des Tunnels keine Wetterbesserung ins Sicht. Im Gegenteil...Demnächst regnet es Katzen.

Bei Rrëshen (auf der Karte ein Mittelgrosser Ort) verlassen wir spontan und planlos die Autobahn, um nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu spähen. Und mir ist dabei völlig Wurst wie und wo. Wenn Martin irgendwo das Zelt stellen will, bin ich dabei. Wir sind bereits in Küstennähe, noch knapp 100 müAdria, es ist nicht mehr kalt. Nässer als das wir jetzt bereits sind, können wir auch nicht mehr werden....und die Vorfreude sich im Schlafsack einzumullmen, während draussen Albanien untergeht, ist umso schöner.

Klar, gegen ein trockenes Zimmer hab ich auch nichts einzuwenden.

Die 2 KM von der Autobahnabfahrt bis in Stadt Rrëshen eine kleine Herausforderung. Die Schlaglochpiste ist teils komplett geflutet. Ein „Hausboot“ wäre praktischer als ein Zelt. Nein, hier können wir nicht zelten, hier saufen wir allerhöchstens ab.

 

Am Hotelkomplex bei Stadteinfahrt fahren wir Zielstrebig vorbei und halten mitten im „Stadtkern“ um uns zu beraten. Wir stehen Knöcheltief im Wasser.

 

Ein kleiner Bub rennt auf uns zu. Freudig winkend begrüsst er uns. Er versteht kein Wort, wir verstehen kein Wort. Ein Auto hält, und einer der zwei Jungen Männer fragt auf Deutsch, ob wir Hilfe benötigen. Ein Zimmer, antworten wir.

 

Der Beifahrer steigt aus, ist innert Sekunden pflotschnass, und rennt quer über die Strasse in den nächsten Hinterhof. Ich renne in meiner Kluft hinterher. Und nein, ich hatte zu keiner Sekunde ein ungutes Gefühl. Die Menschen hier sind einfach nur mega freundlich und hilfsbereit. Martin bleibt bei den Motorräder.

 

Dieses Restaurant hätten wir ohne einheimische Hilfe nie und nimmer gefunden.

Der Junge Albaner spricht ein paar Worte in seiner Sprache und schwupp für 20 Euro kriegen wir die Schlüssel zu einem trockenen Zimmer.

Stromausfall - ein Dieselgenerator wird angeworfen und schon brennt das Licht wieder.

 

In trockener, lockerer Bekleidung gehen wir im Restaurant essen. Die Speisekarte wirft viele Fragezeichen auf. Albanisch. Mit Händen und Füssen wird uns geholfen. Mish? Obwohl wir keine Ahnung haben, was Mish ist (ich habe zudem eh Fisch verstanden), nicken wir und lassen uns überraschen.

 

Für 1140 LEK (9.05 Franken) kriegen wir ein ganzes Poulet mit viel Pommes, zwei Bier und zwei Kaffee's.

 

Es schüttet in der Nacht noch einen drauf.

Cafe Mirdita, Rrëshen (AL)

Zimmer für 2 Personen = 20 Euro

bottom of page