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 Luftwirbel traveling...  Indien

Reisetagebuch Südindien

Tag 06

2. Lektion indischer Stadtverkehr

Unter dem gigantischen Sternenhimmel haben wir wunderbar geschlafen.

 

Wir folgen einer kurvigen Strasse auf 800-900 müM in die WestGhats (West Berge). Die Westghats verlaufen auf einer Länge von ca.1600 km vom Norden entlang der Westküste bis fast zur Spitze des indischen Subkontinents.

Wunderschöne Dschungel-Landschaft, sehr angenehmes Klima. Nicht mehr so brutal drückend heiss wie an der Küste. Einfach toll.

Bezirksgrenze Goa – Karnataka: Schlagbaum, wir dürfen ohne Kontrolle passieren.
Mit verlassen des Bezirks Goa verabschieden wir uns auch von den „guten Strassen“. Unglaublich aber wahr. Strassen können so etwas von kaputt sein. Schlaglöcher in den Schlaglöcher. Im Schritttempo ruckeln wir uns durch, und haben noch keine Ahnung, was uns in den kommenden Tagen noch an „Strassen“ erwartet.

Immer wieder entdecken wir kleine Tempel am Straßenrand. Die Hackenkreuzähnlichen Symbole haben nichts mit Nationalismus zu tun.

Im Hinduismus, und Buddhismus wird die Swastika als religiöses Glückssymbol verwendet, und ist nebenbei gesagt viel älter als das von Hitler verunstaltete Ebenbild.

Zu Mittag essen wir zum ersten mal Fleisch. Reis mit Chicken. Chicken ist für indische Verhältnisse relativ teuer. Für uns „reiche“ Europäer sind 1.50 Franken für eine grosse Portion Reis mit Hühnchen natürlich lächerlich.

Gestärkt durchqueren wir, nach GOA's zweitgrößter Stadt Margao, unsere erste richtige Grossstadt Dharwad. Dharwad ist sozusagen der Gateway zwischen den westlichen Bergen und den Ebenen im Landesinneren. 20 KM zieht sich die Agglomeration bis zur nächsten Stadt Hubeli.


Es ist einfach unglaublich.
In den Städten liefern sich Autos, Lastwagen, Busse, Zweiräder und Tuck-Tuck einen alltäglichen Kleinkrieg. Jede Lücke nutzen, jeder Zentimeter Straßenbelag, den man vorwärts kommt, zählt – bloß nicht zurückfallen. Drängeln und Hupend überholen auf Teufel komm raus.
Und wir, mittendrin. Aber echt phänomenal. Im fahrenden Strom flutscht man einfach immer irgendwie durch.

 

Als Moto-Roller kann ich mir auch mal erlauben, auf der "falschen Seite" zu überholen, wenns rechts nicht mehr vorwärts geht. Oder direkt auch auf der Fußgängerzone. Einfach mal kurz hupen und die Fussgänger machen platz.

Totale Narrenfreiheit im indischen Verkehr haben die Kühe.
Ob mitten im Gewühl, oder auf einer voller Kreuzung. Zu stören scheint sich niemand.
Dann tuckert eben alles freundlich-hupend um das Rindvieh herum.

Bahnübergänge sind auch spannend. Schließt sich die Schranke, so reihen sich die Fahrzeuge nicht hintereinander, sondern nebeneinander. Auf beiden Seiten auf der gesamten Breite stehen sich Autos, Lkws, Busse und Motorräder wie die Frontlinie einer Football-Mannschaft gegenüber. Wir natürlich mittendrin.

Auf los geht's los. Kaum öffnet sich die Schranke, wollen alle miteinander queren.

Wir verlassen die Westghats und fahren weiter ins Landesinnere. Das Hochland (Ebenen 700-900müM) ist flach. Das Klima sehr angenehm. Nicht mehr so brutal drückend Schwül-heiss wie an der Küste auf Meereshöhe.

Garmin Zumo 350LM (mit Europa & Indien Karte, hier Kaufen) kennt abseits der Hauptachsen, "lustige" Strassen. Es lotst uns über hubbelige Naturpisten, mitten durch kleine Siedlungen. Von einem Bauerndorf durchs nächste.

Die Strassen neben den Häuser teils so eng, dass man den Leuten, die vor der Haustüre (wie so oft) sitzen/ waschen oder sonst was machen, fast über die Füsse fährt. Wir fahren im Schritttempo und winken den Menschen zu. „Namaste“. Die Menschen wackeln mit Ihren Köpfen und grüssen zurück. Es ist UNGLAUBLICH. Kinder rennen uns entgegen. Menschen kommen interessiert auf uns zu. Andere lugen scheu von der Ferne. Was sind das wohl für komische Fremde, die sich hier, abseits der Hauptrouten, in die Ebenen verirren?

Aber wir haben uns nicht verirrt. Wir wollen hier sein. Hier, in den indischen Ebenen. Hier, wo sich kaum Touristen hin trauen.

Seit wir Goa verlassen haben, haben wir keinen einzigen anderen Tourist mehr gesehen. Und wir werden in den kommenden zwei Wochen auch keine anderen mehr sehen. Ich weiss nicht warum, aber obwohl wirklich viele ein Fahrzeug mieten, scheint sich außer uns niemand mehr als 10 km von seinem Hotel zu entfernen.

Immer wieder halten wir. Sofort sind wir von Kindern und Erwachsenen umzingelt. Alle möchten mit aus Foto. Hier im Landesinneren sprechen leider nur noch wenige Menschen englisch. 2/3 der Menschen sprechen Kannada.

Sprachgrenzen sind für uns glücklicherweise keine Grenze, welche wir nicht überwinden können.

Ein freundliches Lächeln wird immer verstanden. Ich gewöhne mir auch schnell das indische Kopfwackeln an. Diese kleine Geste hat mehr positiven Effekt als erwartet.

Es ist wirklich unglaublich toll, was wir hier erfahren dürfen. Eigentlich genau das Gegenteil von dem schlechten, was man immer über Indien hört.
Keiner versuchte uns zu beklauen oder machte sich an unseren Rucksäcken zu schaffen. Kein Mensch hat hier im Landesinneren gebettelt. Und ich fühlte mich auch nie in Gefahr.

 

Stolz zeigen sie uns Ihr „Zuhause“.

Mit Handgesten werden wir immer wieder gefragt, ob wir Essen möchten. Dankend lehnen wir ab. Da leben echt die „ärmsten“ Menschen und bieten uns wertvolles essen an.

//Später unsere Reise kauft einer unsrer spontanen Gastgeber sogar extra für uns teures Chicken. Für die eigene Familie hätten sie es sich nie geleistet.

Die Landesinneren Ebenen sind wirklich flach. Ackerbau und Landwirtschaft wie vor 100 Jahren. Oft begegnen wir Ochsenkarren oder sogar Menschen die ihre Ernte zu Fuss transportieren.

Da alles so flach ist, aber überall einzelne Menschen auf Feldern arbeiten, kann es noch schwierig werden, einen geeigneten Platz für Zelt zu finden. Reisfelder bieten keinen guten Sichtschutz.
Wir entdecken einen aufgeschütteten Erdhügel. Vielleicht dahinter? Doch "dahinter" befindet sich ein ausgetrocknetes Wasserloch. Frauchen anfangs noch skeptisch, doch schon bald auch davon überzeugt, dass das Wasserloch der ideale Platz fürs Zelt ist. Wir verschwinden in einem flachen Gebiet einfach unterhalb der Erdoberfläche.

Indien ist, nach der Republik China, das zweit bevölkerungsreichste Land der Erde. Trotz unserem tollen Versteck bleiben wir nicht unentdeckt. Ein Junge starrt uns verwundert an. Dann geht er wieder, nur um kurze Zeit später nochmals unglaubwürdig nach den „Außerirdischen“ zu gucken.

War das wieder ein Tag :-)
Wir waren im Dschungel, haben wilde Affen gesehen, eine Großstadt durchquert, offroad durch kleine Dörfchen gefahren und so viele freundliche Menschen begengnet.


Was will man mehr. Nichts!
Wir haben sogar noch ein paar Bananen zum Abendessen.

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