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Luftwirbel traveling... to Marokko

Reisetagebuch
Marokko Oriental

Passhöhe 2670 müM; Wir machen einen kleinen Rast, es ist 13:00 Uhr.

Martins Bremsflüssigkitbehälter seicht leicht. Wir ziehen die Schrauben nach, bevor wir weiterfahren.

Zu unserer Linken grünt es. Im Gewässerbett wurden Felder angelegt. Die Menschen wissen das wenige Wasser maximal zu nutzen.

5 Kilometer später erreichen wir Agoudal. Hier treffen die Todraschlucht und die Dadesschlucht zusammen. Wir bereuen nicht, dass wir die Todra gefahren sind. Hammer Berglandschaft.

Wir folgen der Strasse, welche ununterbrochen von einem Grünstreifen begleitet wird, noch 25 Kilometer gen Norden.

 

Dann, kurz vor Imilchil biegen wir auf das kleine Strässchen ins nordöstlich verlaufende Tal.

 

Auf unserer Karte als Piste, in der Karte der deutschen Familie (von heute Morgen) als asphaltiertes Strässchen. Wie schon erwähnt, das Kartenmaterial widerspricht sich. Garmin zeigt auch Asphalt an. Wir werden es sehen.

Im Osten haben wir vor allem eins erlebt: Gastfreundschaft.

Was wir jetzt in diesem Tal erleben ist das traurigste Kapitel in unserer Marokkoreise. Darauf waren wir psychisch nicht vorbereitet.

Es ist 14:00 Uhr.

 

Es haben beide Kartenhersteller Recht. Es ist eine Asphaltstrasse, die eigentlich keine mehr ist.

Löcher, Sand, Steine und Erde zieren den Strassenbelag welcher komplett am zerfallen ist. So ziemlich jede Berginnenkurve ist weggespült. Und die Aussenkurven voller Sand und Erde.

 

Vielleicht sogar gut, dass Michelin die Strecke als Piste kennzeichnet. Mit einem schönen Wohnmobil möchte ich da nicht fahren. Und spätestens nach gut 60 KM, bei der ersten der zwei weggespülten Bachbrücken kann das Wohnmobil umdrehen und die ganze beschissene Strecke zurückfahren. 

 

Die Strecke zieht sich. Im Gegensatz zur Todraschlucht jetzt auch nicht so mega sehenswert. Manchmal ein paar Skurrile Felsformationen. Sobald man aber anhält und ein Foto machen möchte, kommt irgendwoher ein Kind angerannt und will Euros oder Bonbons.

Parallel zur Strasse schlängelt sich ein kleiner Fluss, oder Bach. Die Menschen in diesem Tal haben Wasser. Im breiten Gewässerbett wird Ackerbau betrieben. Die Menschen hier haben etwas vom wichtigstem um zu Leben. Wasser, und somit Essen. Sie können Ihr Vieh tränken und die Felder bewässern.

Es ist ein hartes Leben, aber es ist ein Leben.

Es folgen mehrere kleine Bauerndörfer und Kleinst-Siedlungen.

Wir sind ein wenig verwundert, dass mancherorts der Asphalt bei der Dorfeinfahrt abrupt aufhört.

 

Durch die engen Gassen geht es dann auf staubig-schlammiger Piste. Wir fahren selbstverständlich langsam und grüssen freundlich.

 

Doch hier wendet man sich uns ab oder wirft uns allerhöchstens böse Blicke zu. Wir verstehen die Welt nicht.

 

Einige der Kinder zeigen uns den Stinkefinger. Andere kommen angerannt. Und nein, sie stoppen nicht am Strassenrand und winken freudig (wie im Osten), sondern rennen uns direkt vors Motorrad und halten die Hand hin. Sie wollen Dirhams, Euros, Stifte oder Bonbons. Mit „No Euro“, „No…..“ fahren wir vorsichtig und langsam weiter. Wir wollen ja niemanden verletzten, und trotz der unangenehmen Situationen höflich bleiben.

 

Die bettelnden Kinder verhalten sich sehr aufdringlich. Und, je weiter wir in dieses Tal fahren, desto aggressiver reagieren sie, wenn wir ihnen nichts geben.

 

Sie greifen uns an den Armen und versuchen uns zum Anhalten zu bringen.

 

Auch wurden absichtlich Steine auf die Strasse gelegt, damit Autos anhalten und aussteigen müssen. Für unsere Motorräder kein Problem. 

 

Als dann aber eine Kuhherde die Strasse versperrt, müssen wir verlangsamern und kommen nur noch im Schritttempo weiter. Sofort sind wir von aufdringlich bettelnden Kindern umgeben. Ein sehr unangenehmes Gefühl. Sie fummeln an uns und unseren Motorräder rum.

 

Ein Kind schlägt mit einem Zweig (oder dünnem Ast) auf mich. Durch die Motorradbekleidung spür ich kaum was, es fühlt sich trotzdem nicht schön an. Ich schaue den Erwachsenen der direkt daneben steht und den Kindern zuschaut fragend und fordernd an.

 

Er zuckt mit den Achseln und wendet sich ab.

 

Es bleibt leider nicht bei dem einen Kind, welches mit Zweigen und Ästen auf uns einschlägt.

Doch noch viel schlimmer ist die Erfahrung, dass ein Kind mit einer „geladenen“ Steinschleuder auf mich zielt.

 

Innerlich erstarrt fahre ich weiter. Was soll ich machen? Was passiert, wenn es trifft? Für mich unvorstellbar, was für eine Wucht so eine Schleuder hat oder haben kann. Soll ich beschleunigen? Nein, nur nicht anhalten, einfach weiterfahren. Ich muss zugeben, ich hab Angst. Im gleichmässigen Tempo fahre ich am Kind vorbei und hoffe, dass es nicht auf mich schiesst. Mit dem Blick im Rückspiegel beschleunige ich leicht. Erleichtert atme ich auf. Es ist nichts passiert, es hat nicht geschossen.

 

DAS ist wirklich kein schönes Gefühl. Im Gegenteil. Für einen kurzen Augenblick hatte ich wirklich Angst. Und Mittlerweile ist mir auch bewusst, wie viel Schaden so eine Steinschleuder (Zwille) anrichten kann. Das ist eine gefährliche Waffe.

 

Ich bin wirklich unendlich froh, dass das Kind nicht geschossen hat.

Ich fühle mich so Machtlos. Am liebsten würde ich absteigen und die Kinder, sowie aber auch die Erwachsenen zur Rede stellen. Fragen, warum sie das machen, was WIR Ihnen getan haben. Aber ich kann ihre Sprache nicht, und irgendwie habe ich Angst davor, anzuhalten und von meinem Motorrad abzusteigen. Solange ich auf dem Motorrad sitze, kann ich im schlimmsten Fall Gas geben.

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