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Luftwirbel traveling... to Marokko

Reisetagebuch
Marokko Oriental

Ein Glück, Martin lässt mich nicht lange warten. Er hat jedoch schlechte Nachrichten; Sackgasse, das gesamte Gewässerbett ist bepflanzt.

Absolut zwecklos. Auf dem Sattelitenbild von Google sieht man es übrigens auch sehr gut. Da sind weitere Strassenabschnitte verschüttet.

 

Auch wenn wir es durchs Gemüse geschafft hätten, müssten wir spätestes bei der nächsten Gerlölllawine umdrehen.

 

Was für ein Tag, kann den das wirklich sein?

 

Nach vorne geht es nicht weiter; Durchs ganze Tal zurück kommt für uns nicht in Frage. Somit bleibt nur die von den zwei Fremden empfohlene Strecke rechts ab der Hauptstrasse. Was solls, wir haben keine andere Wahl. Wir fahren zurück zur Kreuzung, um dort die von den Männern besagte Strecke zu nehmen.

 

Garmin routet sogar um. Wir sind ein bisschen verwundert. Das Strässchen entpuppt sich als ziemlich neue Asphaltstrasse, und ist in einem viel besseren Zustand als die Hauptachse. Astrein.

 

So oder so, bis Midelt schaffen wir es nicht. Und der Plan, einfach die ganze Nacht durchzufahren verliert auch immer wie mehr Sympathie. Im Dunkeln fahren ist nicht nur gefährlich (Tiere schlafen auf der Fahrbahn, Strassenschäden und Hindernisse werden übersehen), sondern auch anstrengender. Beim ganzen Abenteuerdrang, auf eine Queddurchfahrt im Dunkel können wir gerne verzichten. Besser als jetzt kann die Strasse nicht mehr werden, nur wieder schlechter. Und wer weiss was dieses Tal sonst noch für Überraschungen auf Lager hat.

 

Hier sind die Menschen so komisch.

 

Die Strasse macht einen Bogen und führt nun in einem Nebental ungefähr Parallel zur "alten" Strasse.

 

Total Toll, es hat hier an der "neuen" Strasse nicht überall Siedlungen, und ist relativ Menschenleer.

 

Trotzdem müssen wir uns gut verstecken, falls wir hier Wild Zelten wollen. Doch dies ist einfacher gesagt als getan. Die Strasse ist noch so neu, dass die seitlichen Entwässerungsgräben nicht zu durchfahren sind. Wir können die Strasse so gut wie nicht verlassen.

 

Plötzlich hält Martin an. Er hat eine "Abfahrt" ins Qued entdeckt. Tatsächlich, hier wurde der Graben einfach mit Steinen und Schutt zugeschüttet.

 

Ich warte oben, Martin fährt die improvisierte Steinpiste zum Fluss runter. Diesmal kehrt er mit guten Nachrichten zurück. Da unten können wir unser Zelt aufschlagen. Gut versteckt. Die Stelle ist von der Strasse nicht direkt sichtbar. Wir können aber die Scheinwerfer der Autos sehen.

 

Es ist irgendwie unheimlich. Wir unterhalten uns nur flüsternd und kochen im Dunkeln. Jegliche Lichtquelle könnte uns verraten. Tomatensuppe gibt es heute. Wir haben auf allen Reisen ein paar Tütensuppen für den Notfall dabei. Die sind leicht, brauchen nicht viel Platz und mit ein paar dl Wasser kann man sich ein Abendessen zaubern.

 

Die Stimmung zwischen Martin und mir ist angespannt. 

Wir befinden uns auf 1800müM. Die Temperatur sinkt in der Nacht auf knapp 5°C. Es ist ungemütlich. Ich schlafe schlecht und habe einen blöden (Alp-)Traum. In meinem Unterbewusstsein werden wir von einem reissenden Fluss überrascht und weggespült. Ich versuche den heutigen Tag zu verarbeiten, indem wir von freundlichen und hilfsbereiten Menschen aus dem Fluss gerettet werden, welche uns versorgen, trocken einkleiden und uns helfen.

 

Alles nur ein blöder Traum.

Nichtsdestotrotz schätzten wir die Hochwassergefahr völlig falsch ein.

Unser Gedankengang:

 

Da die Bewohner im Gewässerbett Ackerbau betreiben und Gärten anlegen, werden wohl kaum spontane Hochwasser (z.B. durch öffnen von Schleusen oder Gewitter/Schmelzwasser) vorkommen.

 

Wo liegt der Denkfehler?

 

Genau, Wir befinden uns ja aktuell gar nicht mehr im „bewohnten“ Tal, sondern im parallel verlaufenden Nebental. Hier gibt es keine Siedlungen. Hier gibt es keine „Grünstreifen“ im Bachbett und hier pflanzt auch niemand was an. Aber dies wird uns erst Tage später bewusst.

Nachträgliche Recherche:

Die von uns gefahrene Strecke durch die Todraschlucht und dann kurz vor Imilchil ins Tal „Tilmi – Tighadouine – Agoudim“ ist in einer alten Auflage von Edith Kohlbachs Reiseführer beschrieben. Auflage 3 aus dem Jahr 2006!!!

 

Ich zitiere: „Die Stecke durch die reizvolle Tordraschlucht war immer ein Muss für jeden Pistenfahrer und bis 2001 noch unberührt. Im Sommer 2003 war jedoch die Asphaltstrasse fast fertig.

Die Kinder, die früher so gerne den Touristen gegen Geld Weg zeigen wollten sind heute durch das Teerband arbeitslos geworden.„

 

Zitat zum Tal: „… davon 67 km teils äusserst schwierige Piste, nur für Geländefahrzeuge GPS nicht notwendig. Kein Treibstoff unterwegs. In den Wintermonaten unpassierbar.“

Sie schreibt immer wieder von wasserführenden Queds, welche schwierig zum passieren sind.

Aber sie schreibt nichts von Menschen oder Kindern, welche aufdringlich und aggressiv sind. Wir sind uns deshalb ziemlich sicher, dass die Menschen damals den fremden Pistenfahrern gegenüber noch freundlich gesinnt waren.

 

 

Irgendwann in den letzten 10 Jahren wurde „das Tal“ asphaltiert und ist nun schon wieder in einem derart schlechten Strassenzustand, dass ein normales Wohnmobil die Strecke nicht fahren kann. In keiner unserer drei aktuellen Reiseführer wird die Strecke durch das Tal erwähnt. Vielleicht auch besser so.

Wildes Zelten im Tal

Hoher Atlas

N 32°27.4938 W005°06.3872

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