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Luftwirbel traveling...Canada

Edgewood BC [part 1]

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George untersuchte das Flussufer und schaute nach Einstiegsmöglichkeiten für die Pferde. Der Wilde Fluss ändert sein Aussehen immer wieder. Einfach in den Fluss reiten wäre sehr gefährlich, es lohnt sich, das Flussbett vorgängig genau anzuschauen. Einen wichtigen Wert sollte dabei auf den „Einstieg“ gelegt werden. Das Flussufer kann unterspült sein, was man dann vom Pferderücken nicht wahrnimmt. Sobald man dann aber drauflos reitet, bricht das Unterspülte Ufer weg, das Pferd stürzt in die „Tiefe“, fällt (kommt in Panik) und im schlimmsten Fall liegt dann der Reiter unter dem Pferd.  

 

Es ist auch nicht jedes Pferd für Ritte in der Wildnis geeignet. Ein Trittsicheres, gut ausgebildetes (Trainiertes) Pferd ist sehr wichtig, wenn man durch den „Busch“ reiten möchte. Wir kommen später darauf zurück, wenn unsere Ausritte für Pferd und Reiter anspruchsvoller werden.  

Drei Jahre später durfte ich beim Ausbilden eines Jungen Hengstes dabei sein, und erst da wurde mir bewusst, was das „Offroad-Pferd“ von einem Normalen Pferd unterscheidet. Nur um kurz einen Abstecher zu machen: Pferde mögen es Grundsätzlich nicht, wenn sich Gegenstände unter dem Körper befinden. (z.B. ein grosser, quer liegender Ast zwischen Vorder- und Hinterbeine). Will ich mit einem Pferd durch den Busch, so muss es jedoch trittsicher diese Hürde nehmen (gegeben falls auch in dieser Situation anhalten können). Auch darf es nicht erschrecken, wenn sich dann plötzlich so ein Ast unter dem Bauch des Pferdes bewegt. Und wenn’s dann mal nicht mehr vorwärts geht, und ein wenden auch nicht mehr möglich ist, muss das Pferd, unabhängig von Terrain, sicher ein paar Schritte rückwärts gehen können. Keine einfache Aufgabe, wenn man bedenkt, dass Pferde Fluchttiere sind und von Natur aus eigentlich nur in eine Richtung wollen; Vorwärts! Dazu kommt: Ein Pferd möchte immer wissen, wo es hintritt. Rückwärts oder hohe, dichte Büsche sind für das Pferd sehr unnatürlich.  

Wir schauten uns also das Flussufer, die Einstiegsmöglichkeiten, die Strömung an und soweit möglich schätzen wir die Tiefe des Wassers ab. George zeigte mir Stellen, wo im Sand keine Tierspuren zu sehen waren. Ein wichtiger Hinweis für Treibsand. Nur ein paar Meter weiter waren wieder alle möglichen Tierfussabdrücke im Sand zu erkennen, hier kann man bedenkenlos durchreiten. Dann fuhren wir zur Ranch zurück und sattelten die Pferde. 

Wir ritten den Driveway entlang, durch die grosse Wiese des Holy-Lands und weiter zum Inonoaklin. Bei der Stelle, die wir vorgängig als geeignet definierten, wagte sich George auf Tas ins Flussbeet. Ich liess Tüpfli hinter Tas her den Abhang runterlaufen.

Wir ritten durchs seichte Wasser auf die andere Flussseite. Dann ritten wir im Fluss entlang. Grosse Steine, Kleine Steine, Wasser, Sand...

Ein kaum zu beschreibendes, unglaubliches Gefühl.

Die nächsten Tage arbeiteten wir mit Elan am Hühnerstall weiter. Nachmittags sattelten wir die Pferde und ritten zum Inonoaklin. 

Eines Nachmittags, wir ritten wieder im oberen Wald, die Pferde waren unheimlich nervös, Tas erschrak. Tüpfli natürlich auch (muss er ja, wenn das „Leittier“ erschreckt), drehte mit einem Satz auf der Stelle und düste im gestreckten Galopp ab durch die Büsche. Der Waldpfad war schmal, nebst dem, dass ich nicht vom Tüpfli fallen wollte, musste ich mich immer wieder vor Ästen und Zweigen ducken und ausweichen. Der Hut fiel vom Kopf, Tüpfli galoppierte wie eine Rakete. Zum Glück fand ich relativ schnell den „Takt“ und so konnte ich den entspannten Galopp plötzlich geniessen. Ein kaum zu beschreibenden Gefühl. Wie fliegen.

 

Das war mein erster Richtiger Galopp. Ein paar Tage davor versuchte ich die ersten Galopp-Übungen im Round-pen. Aber es wollte nie so richtig klappen. Jetzt Galoppierte Tüpfli mit mir…und es war ein absolut befreiendes Gefühl….abgesehen von den Äste und Zweigen, welche mir noch immer ins Gesicht peitschten, wenn ich mich zu spät duckte. Auch wenn es ein super Gefühl war, so wollte ich, dass Tüplfi Stoppt. Aber ich fand die Bremse nicht.

 

Der Waldpfad wurde breiter und es kam eine Lichtung auf uns zu. Das war meine Chance. Ich leitete eine Linkskurve ein, und Tüpfli musste für das wenden abbremsen. So ritt ich einen, zwei Kreise, bis ich die Kontrolle wieder hatte und das Pferd stillstand. Tüpfli war ausser Atmen, Ich auch. Ich stieg ab, meine Beine zitterten. George war nicht zu sehen. Später verriet er mir, warum er nicht hinter mir her Galoppierte. Erstes musste er ja meinen Hut unterwegs auflesen und zweitens, das war der Hauptgrund; Hätte er seine Vollblutstute angetrieben und mir nachgaloppiert, dann hätte Tüpfi erst recht Gas gegeben, in der Bestätigung, wenn das Ranghöhere Pferd auch Galoppiert, muss das ja Richtig sein.

 

Ich hatte nun den „Takt“, ab jetzt machte Galoppieren irgendwie richtig Spass. George und ich Galoppierten nun über die Wiese des Holy Land und wenn wir von unten her zurück ritten, gab's nen Galopp die Weide hoch. 

Drei Jahre später werde ich eine Ähnliche Erfahrung auf dem Vollblut Tas machen. Tüpfli (Traktor) und Tas (Ferrari) kann man einfach nicht vergleichen. Wenn ich und Tüpfli Vollgas Galoppieren, so läuft sich Tas gerade erst warm. Im dritten Jahr in Kanada (ich ritt immer nur auf „meinem“ Tüpfli) fragte mich George bei einem Spaziergang durch den Wald, ob ich mal auf Tas sitzen möchte.  

 

Das war eine Ehre, er lässt sonst niemanden auf Tas reiten. Ich sass auf und Tas düste los. Tas ist viel feinfühliger, und wenn ich mit meinem Becken Tüpfli zum gemütlichen Schritt bewegen wollte, war das für Tas bereits das Zeichen zum Galopp. Traktor und Ferrari. Eigentlich ganz logisch: Man darf bei einem Ferrari nicht gleich fest aufs Gaspedal drücken, wie bei einem Traktor.  

 

Und Tas hatte eine andere Grundgeschwindigkeit als ich mir von Tüpfli gewohnt war. Zwar konnte ich mittlerweile Reiten, sowie auch Galoppieren, aber dieser Heisse Ofen hatte ich nicht unter Kontrolle. Wieder peitschten Äste und Sträucher über meinen Kopf. Ein Versuch, eine Kurve einzuleiten scheiterte…Tas war zu schnell, und der Pfad viel zu eng. Ich spielte mit dem Gedanken, abzuspringen. Zum Glück versuchte ich es nicht.  

 

Ich kannte mittlerweile den Trail, und wusste, da kommt ein Bach. Und schon war die gefürchtete Stelle da. Tas nahm einen Satz und wir sprangen über den Bach. Ich blieb im Sattel, Tas landete und Galoppierte weiter. Unglaublich.

 

Ich dachte nochmals übers abspringen nach, verwarf den Gedanken aber zugleich wieder. Also, bei der nächsten Gelegenheit nochmals eine Kurve versuchen, und es klappte. Tas verlangsamte und hielt an. Tas schnaubte heftig. Sie hatte bereits Schaum vor dem Mund. Ich atmete etwa gleich, hatte Seitenstecher. Boah, das war ein Ritt. Ich stieg ab, beruhigte Tas und spazierte, nachdem ich wieder atmen konnte, gemütlich zurück. Wir hatten eine rechte Strecke zurückgelegt. Es wäre ein langer Spaziergang geworden. Nach dem Bach entschloss ich mich, nochmals aufzusteigen und den Rest zurück zu reiten, im gemütlichen Schritt. Ich stieg auf, und gab ganz sanft (diesmal war ich gefasst) Zeichen zum vorwärts gehen. Es klappte. Wir schritten gemütlich zurück.

 

George war erstaunt, als ich angeritten kam. Er meinte nur: Er hätte nicht damit gerechnet, dass ich gleich losgaloppieren würde. Es war auch nicht bösartig von Tas gemeint. Sie hat meinen Input zum vorwärts laufen halt anders verstanden.

 

Ich wollte unbedingt später nochmals auf Tas reiten/Galoppieren, aber unter Georges Kontrolle auf der Weide.

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